Montag, 21. Dezember 2015

PAS am Scheideweg

In England steht das Portable Antiquities Scheme am Scheideweg. Nach Mittelkürzungen fallen viele der FLOs weg und für die Zahlungen - die der 'Kundschaft' von PAS immer so wichtig waren - ist kein Geld mehr da. Die Spendenbereitschaft der Nutznießer ist gleich null. Organisatorisch ist PAS nun der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des British Museum angegliedert, was prinzipiell zu begrüßen ist, denn genau diese war in der Vergangenheit eher fatal: Es gibt keine Anleitung für die Sondengänger für die verantwortungsvolle Praxis, in Form einer Darstellung, die einmal erklären würde, was ein Fundkontext ist und weshalb eine Dokumentation so wichtig ist. Immer wieder kam es zu Fällen, wo unter den Augen der FLOs archäologische Fundstellen vernichtet wurden, darunter ein Fall, in dem möglicherweise ein frühmittelalterliches Gräberfeld nicht erkannt wurde, stattdessen aber zahlreiche 'Hortfunde' auf einem Feld geborgen wurden.
Allerdings wird gerade an der Arbeit mit den Sondlern nun massiv gekürzt.

Mit Stand Anfang 2015, als die Neuorganisation von PAS nur in Anfängen zu erkennen war (bis heute scheint es keine klare Kommunikation der aktuellen Situation zu geben), fasst ein Artikel im neuesten Band der Archäologischen Informationen die Rolle von PAS zusammen.


Der Überblick von Christoph Huth zum Portable Antiquities Scheme in den Archäologischen Informationen 36, 2013 (pdf) ist hoffentlich der Beginn einer intensiveren und breiteren Suche nach einer Lösung für das zunehmende Problem unkontrollierter Sondengänger. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Portable Antiquities Scheme (PAS) in England und Wales ist hier grundlegend. Kurzfristige Erfolge und langfristige Folgen müssen abgewogen werden. Die positiven Beispiele bei Huth wie auch anderen, die den enormen Datenzuwachs für die Archäologie hervorheben, beziehen sich auf objekt-orientierte Ansätze. Die Befundsituation an den Fundstellen selbst liegt weitgehend außerhalb des Blickwinkels des PAS, wie etwa die fehlenden Hinweise in den Good-Practice-Richtlinien von PAS zeigen. Meldungen in den britischen Medien werfen einige kritische Fragen auf. Mehrfach dokumentieren sie – anders als das ebenfalls nicht seltene „Nighthawking“ – eine offen zur Schau gestellte Zerstörung von Fundstellen durch Sondengänger. 
Eine direkte Übertragung des PAS auf Deutschland mit seiner ganz anderen Rechtstradition erscheint nicht möglich. PAS ist eng mit dem britischen Treasure Act verbunden, der aus alter Tradition nur unter bestimmten, letztlich kaum wissenschaftlich begründeten Umständen Metallfunde einer Meldepflicht unterwirft, wohingegen die deutschen Denkmalschutzgesetze sehr viel sinnvoller auf die wissenschaftliche Bedeutung archäologischer Funde Rücksicht nehmen. Richtig an PAS ist jedoch die Bereitschaft zu einem Dialog anstelle einer gesetzlich-obrigkeitsstaatlichen Regulierung, die kaum Akzeptanz fördert, sondern lediglich auf die jeweilige Gesetzeslage verweist. 

Fazit: In der aktuellen Form ist PAS nicht als Vorbild geeignet. Es geht an den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft vorbei und bedient nur die Hobby-Wünsche einzelner Sammler und den Schlagzeilen-Bedarf der Presse. Die durchaus beachtenswerte Datenbank, die PAS aufbauen konnte, dokumentiert eher die Zerstörung der Kulturlandschaft durch Hobby-Sondler. Wissenschaftlich bietet sie zwar durchaus einige interessante Möglichkeiten, doch bleiben angesichts einiger Presseberichten ziemliche Unsicherheiten in der Zuverlässigkeit der Daten. Spätere Forschungen an den Fundstellen, die dringend nötig wären, um die Interpretationen zu verifizieren, werden kaum mehr als die Relikte der Sondlerlöcher zeigen.
Wenn man für die Kooperation von Profis und Laien eine Plattform wie PAS haben möchte, muss ausreichend Geld für eine Betreuung da sein und die Belange der Wissenschaft und Denkmalpflege berücksichtigt werden. Eine Steigerung der Ausgaben durch Anfeuern der Sondleraktivitäten und damit steigenden Zahlungen ist ganz offensichtlich kontraproduktiv. Das Geld, das an die Finder geht (auch wenn verscchiedene Töpfe involviert sind), fehlt letztlich an anderer Stelle.

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Damit ist für mich noch schlüssiger, dass ein Sondeneinsatz nur im Zusammenhang mit einer zwingenden archäologischen Untersuchung im Vorfeld als Prospektion bzw. auf eventuellen Zwischenplana in Frage kommt und außerhalb einer geregelten archäologischen Untersuchung nichts zu suchen haben. Überplante Flächen sind für mich hier der einzig legitime Zwang, wenn keine Ausweichfläche zur Verfügung steht. Weiter ist schlüssig, dass man das vielgepriesene "englische Modell" erst am Ende des Tages beurteilen und dann übetragen darf. Wenn wir schon am Ende des Tages angekommen sein sollten, also das viele Geld das dafür notwendig sein wird fehlt, darf man doch vielleicht auch mal langsam gelassen aussprechen, dass das in absehbarer Zeit grandios scheitern wird.