Freitag, 1. März 2013

Bericht aus Syrien - alles halb so schlimm? (Februar 2013)

Bericht der Altertumsbehörde

Syrien
(Graphik mit MapCreator 2.0 Free Edition)
Ein Bericht der syrischen Altertumsbehörde (Directorate-General of Antiquities and Museums-DGAM) versucht einen Überblick über den Zustand der historischen Denkmäler. "The holdings of all Syrian museums are intact and have been transferred to a safe place". Auf archäologischen Fundstellen allerdings sei es zu Beschädigungen und Vandalismus gekommen. In Kooperation zwischen DGAM, involvierten Behörden und der Lokalverwaltungen sei es gelungen, die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf Museen und Fundstellen zu reduzieren.
Ich fasse hier nur grob zusammen: Es wird berichtet, dass alle Museen durch zusätzliche Stahltüren gesichert und Funde wie Dokumente an sichere Plätze ausgelagert worden seien. Aufgelistet werden einige kleinere Schäden in verschiedenen Museen, zumeist zerbrochene Fenster und Schäden an Gebäuden durch nahe Explosionen. Gestohlen wurden unter anderem aber siebzehn Keramikfragmente sowie Tonfigürchen aus der Ausstellung in Jaabar Castle.

Schäden durch Kampfhandlungen werden aufgeführt für
  • einige Befestigungen wie Madiq Castle, Krak des Chevaliers, den Zugang und Nordturm der Zitadelle von Aleppo, Shayzar Castle, Rahba Castle ("minor damages in certain positions").
  • Altstadt von Aleppo.
  • Große Umayyaden Moschee in Aleppo.
  • Altstadt und mehrere Kirchen in Homs.
  • Hrak Moschee in Izraa
  • Minarette beider alter Moscheen von Sheik Meskeen
  • alte Moschee von Mahajja  ("traditional non-historic buildings").
  • Mabrak el-Naqa Bau und Nymphen-Tempel (also publicly known as King’s Daughter’s Bed) in Bosra 
  • einige alte Gebäude in Bosra.
  • einige alte Gebäude in Nawa.
Laut Bericht würden heimliche Grabungen, Vandalismus und Plünderungen archäologischer Fundstellen durch Anwohner weitgehend unterbunden, wohingegen aber illegale Baumaßnahme und Landnahmen zugenommen hätten.


An abgelegenen Fundstätten sei eine deutliche Zunahme von Raubgrabungen festzustellen. In der Region Hasaka werden allerdings keine Raubgrabungen verzeichnet. Insbesondere die Fundstellen vonTell Mozan, Tell Leilan, Tell Beydar, Tell Arbeed und Hamokar seien unbeschädigt. Auch Tell Berry, Tell Brak und Tell Halaf seien nicht betroffen. Eingeräumt wird, dass Fundstellen im Süden des Distrikts derzeit für Archäologen und Wachpersonal unzugänglich sind.
Aus Dura Europos (Deir ez-Zor) werden illegale Grabungen begrenzten Ausmaßes sowie illegale Bauten berichtet. Das Grabungshaus wurde beraubt, aus der Ausstellung wurden Repliken gestohlen.
Kleinere Diebstähle von Türen, Werkzeugen und einem Wohnwagen werden von Halbia berichtet.
Keine verlässlichen Unterlagen gibt es von Mari. In der Region kam es allerdings an anderen Fundstellen zu illegalen Grabungen. In das Besucherzenter von Mari wurde eingebrochen.

In Idlib/ Ebla kam es im Dezember 2012 zum wiederholten Male zu Raubgrabungen. Die Schäden hielten sich wegen der komplexen Natur der Fundstelle, die es erschwere, Schätze zu finden, wie durch die Anstrengungen der Dorfbewohner in Grenzen. Betroffen sind Akropolis, Nordpalast und großer Istartempel, Südpalast, frühbronzezeitlicher Felstempel und der königliche Palast, zu denen der Bericht recht detailliert die Schäden aufführt.

In den "Parks" der Toten Städte in Nordsyrien (UNESCO-Weltkulturerbe seit 2011) stellt sich die Situation sehr unterschiedlich dar. Vielfach wurden keinerlei größeren Schäden festgestellt. In Al-Bara kam es zu Diebstählen und Beschädigungen. Zehn Häuser des byzantinischen Dorfes von Sergilla dienen Einwohnern eines benachbarten Dorfes als Unterkunft. Einige Höhlen (Wadi Martahun, Magelya, Batirsa, Bshilla, Baoudeh, and DeLozeh sites) dienen ebenfalls als Unterkünfte.

Einer der am heftigsten von Raubgrabungen betroffenen Fundstellen ist Hama / Apameia, wo auch Steine als Baumaterial gestohlen wurden. Raubgrabungen in den Gräberfeldern von Palmyra sind inzwischen unter Kontrolle.
Zugenommen habe die Fälschung archäologischer Funde, darunter Mosaiken und palmyrenische Grabstelen. 

Die Altertumsbehörde versucht die Anwohner zu sensibilisieren und für den Schutz der Fundstellen zu gewinnen. Die Kooperation mit Interpol und anderen internationalen Verbänden wird gesucht (siehe hier auf Archaeologik).

Trotz der umfangreichen und relativ detaillierten Nachrichten lässt der Bericht einige Fragen offen.  

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"Grabungsteams der Rebellen"

Die Washington Post berichtet über Antikenhehlerei als Finanzquelle der syrischen Rebellen und setzt sich kritisch mit dem Bericht der DGAM auseinander. In Gesprächen schildern einige der Rebellen ihre Ausgrabungen. Sie halten sich berechtigt, jede ihnen zu Verfügung stehende Ressource im Kampf zu nutzen: “Sometimes you have to sacrifice the past in order to secure the future”. Genannt werden Grabungen in einem römischen Gräberfeld bei Damaskus sowie Tontäfelchen genannt, die angeblich in einem Palast in Ebla ausgegraben worden sein sollen. Weiter im Angebot: bronzezeitliche Gefäße aus Tal Shihab, byzantinische Mosaiken aus der Kirche St. Simeon bei Aleppo und antike Statuetten aus Bosra.

Als Drehscheibe des Handels etabliert sich Amman. Hier werden Kontakte zu westlichen Sammlern hergestellt, Funde aber auch auf einem lokalen Markt abgesetzt. Nabatäische Steintafeln und solche mit aramäischen Inschriften sind bei Hausbesitzern in Amman gefragt, um die Eingänge ihrer Villen zu schmücken.

In Jordanien ist es der Polizei indes am 9.2.2013 gelungen, einen größeren Bestand von mutmaßlich aus Syrien geschmuggelten Raubgrabungsfunden sicherzustellen.
Zu einer UNESCO-Tagung in Amman

Zerstörung und Raub

Die spätbyzantinische und kreuzfahrerzeitliche, schließlich von den Ayyubiden ausgebaute Festung über der Stadt Harem, Idlib im Nordwesten Syriens dient Milizen als Unterschlupf und ist unter Beschuß geraten.

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